Am 23. Februar 2020 war ich zum ersten Mal als Wahlhelfer tätig. Bei den Bürgerschaftswahlen 2020 in Hamburg habe ich in einem neunköpfigen Zählerteam die Stimmen in 390 Wahlbriefen aus dem Bezirk Hamburg-Mitte gezählt.
Anfang 2020 las ich in der Zeitung, dass noch viele Wahlhelfer gesucht würden. Ein kurzes Bewerbungsmail an die Wahlhelfer E-Mail-Adresse, dann wurde ich wenig später einem Team für die Auszählung der Briefwahl zugeteilt.
Man traf sich am Wahlsonntag um 14 Uhr vor der Messehalle A1. Ausgerüstet mit Essen und Trinken ging es in die Halle, die in ca. 130 Separees aus Messewänden eingeteilt war. Ca. 70 davon waren für die Teams, die die Briefwähler aus Hamburg-Mitte auszählen sollten. In den Räumchen standen je ein Tisch und 10 Stühle und die versiegelte Urne mit den Briefen und allerlei Listen und Büroartikeln wie Brieföffner, Kulis usw..
Die Auszählung ist öffentlich. Man kann also als Besucher durch die Reihen streifen und den Zählern über die Schulter schauen. Sich Einmischen oder Ablenken darf man als Gast nicht. Auch Fotografieren ist nicht erlaubt. Also keine Selfies für Whatsapp. Da muss man durch.
Kurz zum Ablauf: Zuerst werden die Wahlbriefe gezählt, 390, dann nach laufender Nummer sortiert. Dann gibt es eine Negativliste, dort sind verstorbene und weggezogene Wähler verzeichnet. Falls solche Briefe vorhanden sind, gehen die raus auf einen Sonderstapel.
Dann werden alle Briefe geöffnet und die weißen Wahlscheine auf Unterschrift geprüft und von den verschlossenen Stimmzettelumschlägen getrennt. Das anonymisiert die eigentliche Wahl. Wichtig ist immer, die Umschläge auf richtigen Verschluss zu prüfen. Wenn es nicht klar ist ob der Umschlag richtig verschlossen ist, gibt es ein kleines Team, das abstimmt wie zu verfahren ist. Also ob gültig oder nicht verschlossen. Das funktionierte bei uns prima.
Nun hat man also einen Stapel mit den weißen Wahlscheinen, einen dicken Stapel mit den gelben Landeslisten und einen nicht so dicken Stapel mit den roten Wahlkreislisten.
Mit den verschlossenen gelben Wahlumschlägen auf dem Tisch ließ man es dann 18 Uhr werden.
An dem Sonntag war es wichtig, aus welchen Parteien sich die Bürgerschaft zusammensetzen wird. Dazu geht auch unsere Zählung in die Hochrechnung ein. Dafür kommt es auf die Stimmen der gelben Landeslisten an. Jedes Kreuz bei einer Partei oder einem Kandidaten der Partei zählt für die Partei. Man kann seine 5 Kreuze auch beliebig an mehrere Parteien verteilen.
Um 18 Uhr verteilten wir dann die ca. 390 Umschläge auf die 8 Zähler. Wenn mit allen 5 Kreuzen eine Partei gewählt wurde, kam der Stimmzettel auf den Haufen der bestimmten Partei. Wenn mindestens 2 Parteien gewählt wurden, dann kam der Stimmzettel auf unseren „Mischpoke-Haufen“, weil hier gemischt gewählt wurde. Sehr wichtig ist, dass alle Blätter auf Kreuze untersucht werden. Denn wer mehr als 5 Kreuze macht, wählt ungültig. Bei dieser Wahl wurden Fälle wo der Wählerwille eindeutig erkennbar ist als gültig gezählt.
Nach der Sortierung werden dann die 5 Kreuze-Stimmzettel pro Partei gezählt und auf Zähllisten eingetragen. Dann werden die Stimmzettel vom Mischpoke Haufe gezählt und die Kreuze auf Zähllisten eingetragen.
Eigentlich braucht man dann keine Hochrechnung mehr um einen Trend zu erkennen. Man musste nur auf den Tisch gucken. Nun war unser Wahlkreis St. Pauli. Dort sind die Grünen, die SPD und die Linken sehr stark. So war auch unser Grüner Stapel höher als der der SPD. Unser Teamleiter konnte nun zur Ergebnisannahme nach vorn in die Halle laufen und die Ergebnisse liefern. Der Rechner meldet schon bei der Abgabe der Zahlen ob diese plausibel sind. Wenn kein Unsinn gezählt wurde, sieht man 5 Häkchen auf dem Bildschirm. Das ist dann ein Jubelmoment fürs Team. Wir haben dann noch eine Extrastunde drangehängt und am Sonntagabend auch die Kandidatenverteilung laut der Landeslisten ausgezählt. Dann hat man nämlich die Sicherheit sich nicht verzählt zu haben. Weil Gesamtliste plus Kandidatenstimmen = Gesamtstimmen für die Partei. Wenn das so stimmt, wurde alles richtig gezählt. Und das hat uns am Abend noch bestätigt, dass wird die wichtigen gelben Wahlzettel richtig gezählt haben.
Um 22 Uhr ging es dann heim. Natürlich verfolgt man die Hochrechnungen und die Kommentare der Politiker. Aber als Wahlhelfer immer mit dem Gefühl, dass es auch ein bisschen auf einen selbst ankam, dass die Zahlen da auf dem Bildschirm stehen. Und das das ja eigentlich nichts Neues ist und das man das ja ein bisschen früher wusste als die Politiker und die Schar vor den Bildschirmen.
Das ist ein neues Gefühl für mich. Demokratie ist an dem Abend für mich sehr greifbar geworden. Im Wortsinn.
Am Montag trafen wir uns um 8 Uhr wieder in der Messehalle. Nun ging es an die roten Stimmzettel für die Wahlkreislisten. Hier sind pro Partei Kandidaten gelistet. Auch hier kann man als Wähler bis zu 5 Stimmen beliebig verteilen. Da die Stärke der Fraktionen bereits vorläufig ermittelt wurde, ist diese Zählung nicht so brisant, für die Kandidaten aber natürlich sehr wichtig. Die Zählung ging dann auch gewissenhaft und zügig voran.
So waren wir um kurz nach 10 Uhr vormittags mit allem fertig. Als zweites Zählteam im Bezirk Hamburg-Mitte. Yeah!
Das sind so nach meiner Erfahrung die Anforderungen an die Zähler: Teamfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, man muss konzentriert zählen können, sich während der Aktion mit politischen Äußerungen zurückhalten, keine politischen Symbole am Körper tragen oder zeigen und nicht fotografieren.
Das wichtigste aber ist: Wählen gehen!